||Die Rendite der Lotsen heißt „Sicherheit“

Die Rendite der Lotsen heißt „Sicherheit“

Die Rendite der Lotsen heißt „Sicherheit“ | 2. Fachkonferenz der Bundeslotsenkammer in Bremen – SWATH-Technologie bewährt sich

THB No. 175 | Artikel vom 11.09.2023 auf Seite 3-4

Jeder Euro, der in das deutsche Lotsenwesen investiert wird, ist gut angelegtes Geld. Wer hier spart, der spart garantiert am falschen Ende. Das ist eine zentrale Botschaft, die Vertreter aus Politik, der Wirtschaft und auch aus dem Kreis der Lotsen selbst in Bremen auf der 2. Lotsenkonferenz klar formuliert haben. Nach Hamburg im Herbst 2022 findet in diesem Jahr die von der Bundeslotsenkammer ausgerichtete 2. Fachveranstaltung im zweitgrößten deutschen Seehafenstandort statt, zu der sich am Donnerstag und Freitag rund 80 Experten aus dem In- und Ausland angemeldet hatten. Kapitän Erik Dalege und sein kleines Team haben für die beiden Tage ein die verschiedenen Facetten des Lotswesens umfassendes interessantes Tagungsprogramm erstellt. Die Generalüberschrift über der Fachtagung steht unter dem Leitmotiv: „Lotsen für die Sicherheit – Sicherheit für die Lotsen.“ Denn auch das wurde bereits am ersten Konferenztag in Bremen deutlich: In der täglichen, ganzjährigen und rund um die Uhr erfolgenden Berufsausübung sind die Lotsen immer wieder auch erhöhten Unfallgefahren ausgesetzt. Diese Zahl machte in Bremen die Runde und verfehlte ihre Wirkung nicht: Allein durch die Nutzung der weiterhin als unverzichtbares Arbeitsgerät weltweit zum Einsatz kommenden Jakobsleiter, über die der Lotse den physischen Übergang vom Lotsenversetzboot auf des Seeschiff vollzieht, sterben weltweit jedes Jahr etwa acht Berufskollegen, in der Regel durch „Abstürze“ von diesen Leitern. Die Suche nach einer sichereren Alternative läuft daher weiter auf Hochtouren.

In den offiziellen Grußworten zum Tagungsauftakt stellte unter anderem Andre Grobien, Vizepräses der Handelskammer Bremen, heraus, dass „das deutsche Lotswesen auch für die Bremischen Häfen und deren Marktposition eine entscheidende Rolle spielt“. Durch die Arbeit der Lotsen würden Unfälle vermieden, damit Menschenleben, aber auch hohe Sachwerte sowie nicht zuletzt die Umwelt wirksam geschützt. Für den Kammer-Vize ist damit erwiesen: „Die Investitionen in das Lotswesen sind sehr sinnvoll.“

Bremens Finanzsenator Björn Fecker (SPD), der kurzfristig für die durch eine Auslandsreise verhinderte Häfen-Senatorin Kristina Vogt (Die Linke) das Grußwort für den Bremer Senat an die Konferenzteilnehmer richtete, bestätigte auch in seinem kurzen Statement diese herausragende Schutzwirkung, die nur ein gut organisiertes und zudem mit top-ausgebildeten Lotsen besetztes Lotswesen sicherstellen könne. „Umweltschutz und das Lotswesen sind daher eng miteinander verknüpft.“ Für Fecker ist erwiesen: „Die Rendite, die Sie als Lotsen erwirtschaften, ist die Sicherheit für die Menschen, die großen Sachwerte in Gestalt von Schiffen, Kajen und anderen Anlagen sowie die Umwelt.“ Wenn es etwa um die Finanzierung neuer leistungsstarker Versetzmittel für die deutschen Lotsen gehe, dürfe dabei nicht gespart werden. Und dafür werde sich auch der Bremer Senat etwa gegenüber dem Bund einsetzen. Ausdrücklich appellierte Fecker aber auch an die Lotsen selbst, eigenverantwortlich auf eine optimale persönliche Schutzausrüstung zu achten sowie das eigene Sicherheitsbewusstsein regelmäßig auf Spezialschulungen zu schärfen. Es gehe auch darum, „eine gefährliche Routine in der täglichen Berufsausübung“ zu verhindern.

Captain Simon Pelletier, Präsident des Weltlotsenverbandes IMPA (über 8000 Mitglieder), bescheinigte seinen deutschen Berufskollegen eine hervorragende Arbeit: „Die deutschen Lotsen tragen in der Schifffahrtsbranche ganz entscheidend zum ausgezeichneten Ruf der deutschen Häfen als sichere Häfen bei.“ Einen besonderen inhaltlichen Schwerpunkt bildeten am ersten Konferenztag die Ausführungen von Experten von Spezialfirmen für die Entwicklung, Herstellung und die Vermarktung von Sicherheitsmitteln aller Art sowie die Arbeit von Werften, die sich mit ihrem Produktangebot auf Lotsenversetzfahrzeuge spezialisiert haben. In einer kleinen Inhouse-Ausstellung präsentierten sie ihre Produkte, was von den Konferenzteilnehmern sehr intensiv genutzt wurde. So vertiefte Christoph Arndt von der Werft Abeking & Rasmussen (A & R) aus Lemwerder nochmals die besonderen Vorteile der sogenannten SWATH(Small Waterplane Twin Hull)-Technologie. Sie kam bei den deutschen Lotsen erstmals in der sogenannten Elbe-Range zum Einsatz und bewährt sich im täglichen Einsatz auch bei schwerer See.

Auch für die Werft A & R ist ein großes Thema derzeit die Frage nach dem Antriebs- und damit auch Treibstoffkonzept für die Lotsenversetzfahrzeuge der Zukunft. Derzeit kristallisiere sich in den Expertenrunden eine Hinwendung zu Methanol heraus. K. A. Sundin als geschäftsführender Gesellschafter der schwedischen Spezialwerft Dockstavarvet AB widmete sich den aus dem Familienunternehmen (Gründung 1905) stammenden Entwicklungen von Lotsenversetzmitteln. Auch für verschiedene deutsche Lotsenbrüderschaften baute die Werft Versetzmittel, berichtete Sundin. Matthias Reiter und Thomas Rohden von der Emder Schiffsausrüstungs AG gingen in ihrer Präsentation auf den besondere Sicherheitswert eines Schutzhelms für den Lotsen ein, der gerade bei Abstürzen lebensrettend sein könne.

Für den aus Dänemark angereisten Sören Hansen von der Firma Viking Life-Saving Equipment stand die Entwicklung von Schutzanzügen im Fokus. Der zweite Konferenztag widmete sich im Besonderen der Arbeit der Offshore-Industrie, in der Menschen und Material ja ebenfalls besonderen Herausforderungen und Gefahren ausgesetzt sind. Der „Blick über den Tellerrand“, auf den Bundeslotsenkammer-Chef Erik Dalege gerade mit der 2. Lotsenkonferenz so besonderen Wert legt, sollte aufzeigen, was die deutschen Lotsen möglicherweise an „Best Practice“ aus der Offshore-Branche übernehmen könnten. Der THB wird über die Fachtagung weiter berichten.